15.08.2020

ASC 1 – Theologisches Basiswissen vor dem Pokal-Hit

Der Chef von 21 Millionen Protestanten und ehemalige Verteidiger des ASC Neuenheim sagt: Gott ist kein Wunscherfüllungs-Automat

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford- Strohm, bewegt sich in höchsten politischen Kreisen. Früher spielte er Fußball mit den Alten Herren des ASC Neuenheim.

Unser Bild zeigt in den roten Trikots Richard Bender, Joseph Weisbrod, Werner Rehm, Dieter Hafner und den leider schon verstorbenen Rolf Rehm (obere Reihe von links) sowie in der unteren Reihe Wolfgang Lange, Werner Lux, Max-Peter Gantert, Heinrich Bedford-Strohm und Torwart Burkhard Kunzmann. Fotos: privat

Von Wolfgang Brück

München/Heidelberg. Papst Johannes Paul II. war Ehrenmitglied bei Schalke 04. Gebracht hat es wenig. Trotz Beistand von oben ist der Fußball-Bundesligist am Boden. Gleichwohl, ein bisschen himmlische Hilfe kann nicht schaden. Vor allem wenn die Chancen so gering sind wie für den ASC Neuenheim im Halbfinale des badischen Pokals.

Heinrich Bedford-Strohm gehört zu denen, die dem Außenseiter die Daumen drücken. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland hat eine besondere Beziehung zum Heidelberger Stadtteil-Verein. Während der Jahre in der Universitätsstadt erwarb sich der Chef von 21 Millionen evangelischer Christen den Ruf eines beinharten Verteidigers. „Heinrich ist ein ausgeglichener und freundlicher Mensch. Aber auf dem Platz gab es kein Pardon“, erinnert sich sein Mitspieler bei den Alten Herren Dr. Werner Rupp.

„Heinrich und ich waren nicht die besten Fußballer, aber was den Kampfgeist angeht, konnte man ihm nichts vorwerfen“, ergänzt Max-Peter Gantert. Der Seniorpartner der renommierten Heidelberger Steuer-Kanzlei Joswig und Partner hat ein besonderes Verhältnis zum obersten deutschen Protestanten. Er war sein Vermieter und er beherbergte ihn später für einen Monat in seiner Souterrain- Wohnung. Bedford-Strohm wurde Patenonkel von Michelle, dem zweitjüngsten von acht Kindern des 62-jährigen Steuerberaters. Gemeinsam gingen die Familien der Altherren-Mannschaften zelten. Bedford-Strohm hat mit seiner „amerikanischen Traumfrau“ (ASC-Medienchef Joseph Weisbrod) drei Söhne.

Auch im hohen Amt ist der Professor der Theologie dem Fußball treu geblieben. Als er Pfarrer in Coburg war, kickte er für die Sportvereinigung Ahorn, die sich vor 21 Jahren in einem Freundschaftsspiel dem ASC Neuenheim – unter anderem durch zwei Weisbrod-Tore – mit 2:4 geschlagen geben musste. Der bayerische Landesbischof ist gern gesehener Gast bei Promi-Spielen, an der Seite des Fußballverbandes macht er sich stark im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Er lobt die integrative Kraft des Fußballs.

„Seine Stärke ist es, auf andere zuzugehen, ohne sie bekehren zu wollen“, sagt Weisbrod. „Heinrich hat die Fähigkeit, den Menschen zuzuhören und Fragen zu stellen, die zum Nachdenken anregen“, lobt Dr. Rupp.

Den Weg des ASC Neuenheim aus der B-Klasse in die Landesliga hat der Bischof mit Wohlwollen verfolgt. Wenn es der dichte Terminkalender zulässt, möchte er sich auf dem FußballCampus persönlich vom Aufschwung überzeugen. Derzeit macht er Urlaub in Mecklenburg. Das Pokalspiel gegen den SV Waldhof will er sich im Livestream anschauen.

Mit himmlischer Hilfe auf Abruf, meint Bedford-Strohm im Gespräch mit der Rhein- Neckar-Zeitung, könne er aber nicht dienen. Der Gott der Christen sei kein „Wunscherfüllungs-Automat“. Der 60-jährige Geistliche gibt augenzwinkernd zu bedenken: „Wenn ich Gott bitten würde, lass Neuenheim 3:1 gewinnen, und ein gläubiger Waldhof-Fan würde dagegenhalten: Mach, dass der Waldhof 3:1 gewinnt. Wie soll Gott dann entscheiden? Das müssen die Jungs des ASC Neuenheim schon selbst richten.“

Dem Vorschlag, dass sich Gott auf die Seite der Frömmeren schlagen solle, kann der Bischof nichts abgewinnen: „Gott ist kein Gott der Bestrafung und Belohnung.“ Gerne teilt er jedoch seinen Optimismus. Sein mutiger Tipp: „Neuenheim gewinnt 3:2.“

Abseits des theologischen Diskurses herrscht Einigkeit. „Wir sind stolz auf den Bundestrainer der evangelischen Christen“, textete Weisbrod beim Amtsantritt im November 2014.

Gantert sagt, dass er zwischen dem Studenten der Theologie und dem Vorsitzenden der Landeskirche keinen Unterschied feststellen könne. Man weiß ja, dass das Amt den Menschen verändert – nicht immer zum Guten.

Gantert: „Wenn Bedford-Strohm im Fernsehen kommt, dann ist er immer noch wie früher: Unser Heinrich.“

Ein schöneres Kompliment gibt es nicht.

Rhein-Neckar-Zeitung vom 15.08.2020, Seite 25